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The Black Swan Oder: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse


Immobilienwirtschaft in der Corona-Krise
Innerhalb kürzester Zeit wurden wir von einem Virus beherrscht, der mittlerweile globale Ausmaße angenommen hat und Schäden, auch für die Immobilienwirtschaft, anrichten wird, die derzeit kaum zu ermessen sind

Solche unvorhersehbaren Ereignisse, die wirtschaftlichen Entwicklungen eine entscheidende Wende geben, nennt man Black Swan oder Schwarzer Schwan. Wie viel davon wirklich unvorhersehbar ist, ist oft schwer zu sagen.


Der Begriff geht auf einen populärwissenschaftlichen Bestseller von Nassim Nicholas Talebs aus dem Jahre 2007 zurück. Er benutzte diese Metapher, um etwas seltenes zu beschreiben, denn jahrhundertelang wurde die Existenz von schwarzen Schwänen massiv bestritten oder im besten Fall ignoriert. Besonders im Mittelalter wurde schwarzen Schwänen nichts Gutes nachgesagt und als unmittelbares schlechtes Omen für Unglück, Krankheiten, Krieg und anderes Ungemach interpretiert. Die Behauptung der Existenz von Schwarzen Schwänen führte im schlechtesten Fall zu Folter und Tod.


Taleb beschäftigt sich mit den häufig extremen Konsequenzen dieser seltenen und unwahrscheinlichen Ereignisse bzw. Ausreißer und nennt drei kognitive Verzerrungen.


Die Menschen neigen dazu, durch das nachträgliche Schaffen einer Erzählung, dem Ereignis einen plausiblen Grund zu verleihen und verzerren somit retrospektiv historische Ereignisse. Geschichte wird nicht gemacht, Geschichte wird geschrieben - und manchmal wird sie auch umgeschrieben.


Ferner hält er es für eine Illusion gegenwärtige Ereignisse zu verstehen und der Glaube daran, dass der strukturierte Zufall, wie er in Spielen anzutreffen ist, dem unstrukturierten Zufall im Leben gleicht. Taleb beanstandet die unreflektierte Anwendung von Modellen der modernen Wahrscheinlichkeitstheorie.


Und desweitern die Überbewertung von Sachinformationen, kombiniert mit einer Überbewertung der intellektuellen Elite. Wir wissen viel weniger, als wir glauben und dass die Vergangenheit nicht in naiver Weise dazu benutzt werden sollte, die Zukunft zu prognostizieren. Daher sieht er es als müßig an, Schwarze Schwäne vorhersehen zu wollen. Sie zeichnen sich ja gerade durch ihr unerwartetes Erscheinen aus.

Pandemien sind zwar nicht unbekannt und es gab sie, wie die spanische Grippe oder SARS, auch in der Vergangenheit mit verheerendem Ausmaß, aber der Corona-Virus/Covid-19 hat eine derartig unvorhersehbare globale Dimension erreicht, dass er auch als Black Swan bezeichnet werden muss. Nach Ausbruch der Seuche im Dezember 2019 hatte noch im Januar bis März 2020 eine Vielzahl von Politikern, Medizinern und Wirtschaftsexperten das Ausmaß heruntergespielt, allen voran Großbritannien, Brasilien und die USA.


Wie bereits erwähnt, können Black Swans nicht vorhergesagt werden. Das bedeutet nicht, dass man sich nicht auf ein bestimmtes Black Swan Event vorbereiten kann. Denn wer sein Geschäftsmodell und sein Portfolio auf Fragilität überprüft und stabilisiert hat, wird die Krise besser überstehen oder sogar gestärkt aus ihr hervorgehen, da bestimmte Marktteilnehmer vom Markt weggespült und Marktanteile neu verteilt werden.


Im Kern geht es darum, sehr detailliert die Robustheit seines Unternehmens, seines Geschäftsmodells und der Liegenschaften für noch nicht absehbare Marktschwankungen zu überprüfen. Im Vorteil ist der, der auch in Krisen Optionen bereithält und über Reserven verfügt. Am Ende gewinnt derjenige, der sich diversifiziert positioniert und einen robusten Mix aus Investment- und Produktstil gewählt hat und sein Risikomanagement im Auge behielt.

Aber das beste Geschäftsmodell bewirkt nichts, wenn die Krise nicht irgendein Ende findet und der Neustart nicht beginnen kann. Bisher reichen die Szenarien bis zur schwersten Weltwirtschaftsrezession aller Zeiten. Aber wie schnell und mit welchen Schäden werden wir die Corona-Krise überwinden?


Zum Thema Resilienz und Regenerationsgeschwindigkeit ist kürzlich ein interessanter Beitrag von Prof. Dr. Gondring erschienen. Er schreibt den modernen Wirtschaftssystemen eine große Resilienz zu, also der Fähigkeit der psychischen Stärke mit Extremsituationen umzugehen, und beziffert die Regenerationsphasen heutiger Wirtschaftssysteme auf eine Zeitspanne von nur 3 bis 15 Monaten.

Die ökonomische Regel lautet: Je länger die Krise anhält und Schaden verursacht, umso länger ist die Phase der Rekonvaleszenz.

Auch für Gondring ist die Krise eine Phase der Marktbereinigung, wo ertrags- und kapitalschwache Unternehmen ohnehin aufgegeben hätten, jetzt nur vorzeitig. Aber die Phase bietet eben auch große Chancen. Zitiert werden hier frei nach Schumpeter: „Die Krise soll als Ausgangspunkt für die schöpferische Zerstörung des Status Quo und der Entwicklung zu neuen Produkten, Geschäftsmodellen und Innovationen verstanden werden. Die Zeit nach jeder Krise war besser als die Zeit vor der Krise" und Frisch: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“.


Wie wir den Markt für die Immobilienwirtschaft beurteilen und diverse Prognosen bewerten, folgt im nächsten Beitrag.




Autor: Roman Menzel

Geschäftsführer der Neopolis Beteiligungs GmbH

Berlin 26.03.2020


Quellen:

Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse. Albrecht Knaus Verlag, München 2015;

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen. Albrecht Knaus Verlag, München 2013;

Eine Krise ist der Ausgangspunkt für die schöpferische Zerstörung des Staus quo‘, Prof. Dr. Hanspeter Gondring FRICS, 2020;


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